00:09 Hallo und willkommen in der Nationalbibliothek in Givat Ram in Jerusalem, 00:13 wo ein Großteil, wenn nicht gar alle, unserer Kulturschätze aufbewahrt sind. 00:19 Lassen Sie mich Ihnen drei Dinge erzählen, die Ihnen neu sind über ... 00:22 Naomi Schemer. 00:24 Das Archiv unserer Dichterin und Komponisten Naomi Schemer wurde der Nationalbibliothek 2010 von ihrer Familie geschenkt. 00:32 Beim Blättern durch die Sammlung lernen wir, dass ein Lied, 00:35 selbst wenn es ein unveräußerliches Gut ist, das uns allen gehört, 00:37 nicht als fertiges Produkt in die Welt hereinplatzt, 00:40 sondern dass es Aktualisierungen, Adaptionen und hier und da Änderungen gibt. 00:46 Nehmen wir zum Beispiel diese Skizze von „Lu Yehi“, 00:50 einem Lied, dass Naomi Schemer während des Jom-Kippur-Krieges geschrieben hat. 00:54 Ursprünglich, wie diese kleine Streichung hier belegt, 00:58 hatte Naomi Schemer beabsichtigt, dass es zu der Melodie von „Let It Be“ von den Beatles gesungen werden sollte. 01:03 Naomi Schemer sagte: „Ich dachte, dass Israel sein eigenes ‚Let It Be‘ verdient hat.“ 01:10 Später allerdings, 01:12 als ihr Ehemann Mordechai Horowitz, der selbst Dichter war, 01:14 die Worte zu dem Lied las 01:16 und das große in ihnen versteckte Potential erkannte, 01:19 da sagte er ihr: „Naomi, diese Worte haben ihre eigene Melodie verdient.“ 01:25 Naomi Schemer rückte die Worte also hier und da zurecht und komponierte auch eine neue Melodie. 01:31 Heute singen wir „Lu Yehi“ nicht zu einer Melodie von den Beatles, 01:38 sondern zu der bearbeiteten Melodie, die wir kennen, 01:41 in der von Chava Alberstein und Hagashash berühmt gemachten Version. 01:46 Naomi Schemers bekanntestes Lied ist natürlich 01:49 „Jerusalem of Gold“. 01:51 Sie schrieb dieses Lied im Auftrag von Teddy Kollek, dem Bürgermeister von Jerusalem, 01:55 kurz vor der Wiedervereinigung von Jerusalem im Jahre 1967. 01:58 Es handelt also von einem geteilten Jerusalem. 02:01 Während des Sechstagekrieges jedoch 02:04 verweilte Naomi Schemer mit Mitgliedern der Nahal-Unterhaltungstruppen in Al-Arisch im Norden der Sinai-Halbinsel. 02:09 Sie hörten dort Bruchstücke einer Radiosendung, wohl in der Stimme meines Vaters, über die Wiedervereinigung Jerusalems. 02:15 Ganz bewegt nahm Naomi Schemer ihren persönlichen Kalender, den ich hier in meiner Hand halte, 02:20 einen Kalender aus dem (hebräischen) Jahr 5727, 02:22 und auf den Seiten dieses Kalenders notierte sie rasch die vierte Strophe von „Jerusalem of Gold“. 02:29 Hier sind diese emotionalen Worte, 02:30 und daneben noch die Telefonnummer eines Bekannten, Willy Elias. 02:36 Das Lied „Jerusalem of Gold“ entwickelte sich sehr schnell zu einer Art zweiter Nationalhymne. 02:40 Und gleichzeitig, ganz typisch für Naomi Schemer, rief es auch zum Krieg auf. 02:44 Ich möchte Ihnen gerne einen Absatz aus einem Brief vorlesen, der uns etwas über diesen Krieg erzählt. 02:48 Der Brief stammt aus dem Naomi-Schemer-Archiv der Musikabteilung der Nationalbibliothek 02:53 und ist von Yitzchak Bayer vom Bayer-Music-Needs-Geschäft in Haifa in Beit HaKranot verfasst. 03:00 „Sehr geehrte Damen und Herren“, schreibt Herr Bayer. 03:03 „Die Schreibmaschine wurde nicht nur erfunden, um leserlicher zu schreiben, 03:07 sondern auch, um die Erstellung mehrere Durchschriften zu ermöglichen. 03:09 Die Person, die sich dieser komischen Art des Schreibens schuldig gemacht hat, ist natürlich Frau Naomi Schemer. 03:13 Und was ist ihr Verbrechen? 03:14 Ganz einfach. 03:16 Sie hat unser Land mit ihrem neuen Lied ‚Jerusalem of Gold‘ in Aufruhr gebracht. 03:21 Unser Geschäft war zwei Wochen lang lahmgelegt. 03:24 Danach ging es langsam wieder ein bisschen besser. 03:25 Gestern tauchten einige Kunden auf, und was verlangten sie? 03:28 Die Noten zu ‚Jerusalem of Gold‘. 03:30 Und was kann ich armer Mensch tun? 03:32 Die Leute schreien mich geradezu an: 03:35 ‚Warum sorgen Sie nicht dafür, dass sie gedruckt werden?‘ Und ‚Vielleicht sind sie schon gedruckt?‘ 03:39 Kurz gesagt, morgen, am Sonntag, habe ich richtige Angst, unser Geschäft ohne die Noten zu dem obenerwähnten Lied aufzumachen. 03:46 Was soll ich tun? 03:47 Ich glaube, ich schicke meine Frau alleine in den Laden, in der Hoffnung, dass sie sich nicht trauen werden, eine Frau zu schlagen.“ 03:53 Herr Bayer fleht Naomi Schemer und alle anderen an, die Noten so schnell wie möglich drucken zu lassen, 03:58 mit mindestens 50 Exemplaren für sein Geschäft. 04:00 Er schließt mit den Worten: „I bitte Sie dringendst, dies schnell zu tun, 04:04 damit kein unschuldiges Blut fliessen muss – mein Blut. 04:09 Hochachtungsvoll, Yitzchak Bayer.“ 04:12 Alle diese Gegenstände und viele wunderbare Wunder mehr 04:14 können Sie hier in der Nationalbibliothek finden. 04:17 Wir freuen uns auf Ihren Besuch.